Artikel "Vergessene Seuche"

(dieser Artikel erschien im Niedersächsischen Ärzteblatt am 09.04.2007)

Demenztag der Alzheimer Gesellschaft Region Harz e.V warnt vor Versorgungsdefiziten und plädiert für leitliniengerechte Therapiestandards bei der Alzheimer-Behandlung

(von Dr. med. Manutschehr Daneschdar, Wieda)

Unter dem Motto "Zwischen Liebe und Last - Mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung für pflegende Angehörige" stand der 4. Demenztag der Alzheimer Gesellschaft Region Harz e.V(AlzGRH), der unter der Schirmherrschaft des KVN-Vorsitzenden, Eberhard Gramsch, am 21. Oktober 2006 in Bad Lauterberg stattfand. An der ganztägigen Veranstaltung nahmen rund 60 Ärzte, Vertreter von Krankenhäusern, von Pflegeeinrichtungen und Hospizen, Vertreter von Politik und von Kommunalverwaltungen sowie Angehörige von Demenzkranken teil. Das Fazit des Kongresses ist besorgniserregend: Der Versorgung Demenzkranker wird in Zukunft ein immer größerer medizinischer, damit aber auch volkswirtschaftlicher Stellenwert in unserem Gesundheitssystem zuwachsen.

Rund eine Million Menschen sind derzeit in Deutschland an Demenz erkrankt, jährlich kommen fast 200 000 Neuerkrankungen hinzu, so Dr. Siegfried Weyerer (Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim) in seinem Vortrag über epidemiologische Aspekte der Alzheimer-Krankheit. Im Jahr 2030 sei mit rund 2 Millionen Demenzkranken zu rechnen, im Jahr 2050 mit 2,4 bis 2,8 Millionen. Die Häufigkeit demenzieller Erkrankungen steige mit zunehmendem Alter steil an - von 1,2 Prozent bei den 65-bis 69-Jährigen bis zu 33 Prozent bei den über 90-Jährigen. Ihrem höheren Anteil unter der Altenbevölkerung entsprechend entfallen 70 Prozent der Demenzerkrankungen auf Frauen.

Bei fast der Hälfte aller häuslich versorgten Empfänger von Leistungen der Pflegeversicherung liegt eine Demenzerkrankung vor. Demenz ist der häufigste Grund für eine Heimaufnahme. Nach Schätzungen leben heute rund 400 000 an Demenz erkrankte Menschen in Alten- und Pflegeeinrichtungen.

Mitbetroffen: Die Familien

Das Demenzsyndrom ist die Folge einer fortschreitenden Krankheit des Gehirns mit Störungen vieler kortikaler Funktionen: Gedächtnis, Denken, Orientierung, Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen. Die kognitiven Beeinträchtigungen werden meist von Veränderungen der emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens oder der Motivation begleitet, gelegentlich treten diese auch eher auf.

Die Folge sind zunehmenden Beeinträchtigungen von Aktivitäten des täglichen Lebens, wie Ankleiden, Essen, persönliche Hygiene, und von Alltagskompetenz. Sie erfordern eine umfassende Betreuung. möglicherweise bis hin zu einer Beaufsichtigung rund um die Uhr. Häufig kommen andere psychische Auffälligkeiten wie Depressionen, Schlafstörungen, Unruhe, Angst, paranoid-halluzinatorische Syndrome und Aggressionen hinzu. Sie können sich zu extremen Belastungen für die pflegenden Angehörigen entwickeln.

In der medizinischen Versorgung älterer Menschen beanspruchen die Demenzen immer größere volkswirtschaftliche Ressourcen. So errechneten Hallauer et al. (2000) Gesamtkosten in Höhe von rund 44 000 Euro pro Patient und Jahr. Davon entfallen rund 2,5 Prozent auf die gesetzliche Krankenversicherung (Medikamente, ärztliche Konsultationen, Klinikaufenthalte), 30 Prozent auf die gesetzliche Pflegeversicherung, während 68 Prozent als Leistungen in der Familie erbracht werden. Die Hauptlast liegt also auf den pflegenden Angehörigen. Die Betreuung eines an Demenz erkrankten Patienten erfordert in hohem Maße Zuwendung und Geduld und ist mit erheblichen physischen und psychischen Belastungen verbunden. Häufig grenzen sich Familien von Demenzkranken aus ihren sozialen Bezügen aus und geraten in die Isolation.

Die Krux mit den Leitlinien

Grundsatz für eine erfolgreiche Demenztherapie ist ein multimodales Vorgehen, das den Hausarzt, den Facharzt, Therapeuten, Pflegepersonal und Betreuungs- und Beratungsangebote einbindet. Prof. Dr. Klaus Hager (Henriettenstiftung Hannover) stellte in seinem Vortrag über Merkmale, Ursachen und auf Klassifikationen der Demenzerkrankungen klar, dass heute erreichbare Behandlungserfolge eine Kombination medikamentöser und nichtmedikamentöser Therapieformen voraussetzen. Sie müssten durch Beratungs- und Unterstützungsangebote für die Angehörigen flankiert werden. Zielsetzung der Therapie ist der Erhalt eines möglichst hohen Niveaus an Lebensqualität für den Erkrankten wie für die pflegenden Angehörigen.

Ergebnisse zahlreicher internationaler Studien belegen die Wirksamkeit einer Therapie mit modernen Antidementiva. Sie können nachweislich den Abbau von Aktivitäten des täglichen Lebens verzögern. Der Erhalt von mehr Selbstständigkeit bedeutet nicht nur höhere Lebensqualität für den Patienten. Er führt auch zu einer geringeren Belastung der pflegenden Angehörigen und ermöglicht so einen längeren Verbleib im häuslichen Umfeld.

Die geltenden Behandlungsleitlinien Demenz der ärztlichen Fachgesellschaften empfehlen übereinstimmend eine Therapie mit Antidementiva. Doch weniger als 20 Prozent aller Demenzkranken werden gegenwärtig damit versorgt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einer davon liegt in der Budgetierung der Arzneimittel. Hager forderte, dass die Befürchtung einer Budgetüberschreitung nicht länger die Verweigerung einer sachgerechten Behandlung begründen dürfe. Denn wenn auch dokumentierte Demenz-Behandlungsfälle in der Regel als Praxisbesonderheiten anerkannt werden, also nicht in die Richtgrößenprüfung mit einbezogen würden, bleibt die von verschiedenen Seiten vorgetragene Forderung bestehen, Antidementiva aus der Budgetierung herauszunehmen.

zurück

Neuigkeiten/Termine

  • Ankündigung der Jahreshauptversammlung 2025

    Die Jahreshauptversammlung 2025 der Alzheimer Gesellschaft Region Harz e.V. findet statt am 12. März 2025 im Seniorenzentrum Lamm in Zorge.

    Beginn ist 16.15 Uhr.

Über uns

Aktiv für Menschen mit Demenz

Unser Ziel ist es, durch Informationen und persönliche Beratung betroffene Menschen und deren Familien zu unterstützen, den Umgang mit den Erkrankten zu fördern und das Umfeld entlastend mitzugestalten.

Wir konnten bereits im Verbund mit zahlreichen Hilfsangeboten im Landkreis Osterode ein umfangreiches Netzwerk an Beratungsangeboten schaffen; individuell, unbürokratisch und kompetent.

Wir wollen mithelfen, die unzureichende Behandlung und Versorgung der Kranken zu verbessern, die Öffentlichkeit über das Krankheitsbild aufzuklären und die Möglichkeiten der Hilfsangebote für Demenzkranke und ihre Angehörigen aufzuzeigen.

Die Arbeit der Alzheimer Gesellschaft Region Harz e.V. wird hauptsächlich ehrenamtlich geleistet und überwiegend durch Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert.

Die Alzheimer Gesellschaft Region Harz e.V. ist im Rahmen der bundesweiten Initiative Demenz als Modellregion ausgewählt worden, ein große Ehre und auch Anerkennung des Wirkens der Gesellschaft.

Ihre Alzheimer Gesellschaft Region Harz.

Hilfsangebote

In dieser Rubrik informieren wir Sie über unsere angebotenen Hilfsmöglichkeiten und wie Sie diese nutzen können.

Es kann Jeden treffen und es kann Jeden betreffen.

Helfen Sie deshalb mit: als Mitglied der Alzheimer Gesellschaft Region Harz e.V. oder durch ehrenamtliche Mitarbeit oder mit Ihrer Spende.

  • Alzheimer Telefon

    Alzheimer Telefon

    Der Informations- und Beratungsbedarf von Hilfesuchenden ist sehr groß.

  • Treffpunkt Demenz

    Treffpunkt Demenz

    Es werden Fragen von Menschen mit zunehmenden Gedächtnisstörungen, von Familien, die betroffen sind, aber auch allgemein von Menschen mittleren Alters beantwortet.

  • Angehörigentreff

    Angehörigentreff

    Die Betreuung und Pflege von demenzkranken Familienmitgliedern ist eine große Herausforderung.

  • Demenzcafé Sternstunde

    Demenzcafé Sternstunde

    In unserer angenehm gestalteten Wohnung „Sternstunde“ in Zorge erleben die Demenzerkrankten bei Kaffee und Kuchen einen unbeschwerten Nachmittag.

  • Häusliche Betreuung

    Häusliche Betreuung

    Zu unserem Helferkreis gehören ehrenamtliche MitarbeiterInnen, welche demenzerkrankte Menschen in ihrem häuslichen Umfeld stundenweise betreuen oder sie bei Unternehmungen begleiten.

  • Meine Gedächtnisstütze

    Meine Gedächtnisstütze

    "Meine  Gedächtnisstütze" ist eine beschwingte Aktivierungsstunde für Menschen mit Demenz im Frühstadium. 

  • Tagesbetreuung Sternenstunde

    Tagesbetreuung Sternenstunde

    Jeden Mittwoch bieten wir in unserer Wohnung Sternstunde von 10:00 Uhr bis 16:00 Uhr eine Tagesbetreuung für Menschen mit Demenz an. 

    Fördermöglichkeiten

    • Ordentliches Mitglied

      Ordentliches Mitglied

      Unterstützen Sie die Arbeit der Alzheimer Gesellschaft Region Harz. Das können Sie durch Ihre Mitgliedschaft oder Ihre Spende.
      Werden Sie ordentliches Mitglied oder Fördermitglied.

      Als ordentliches Mitglied erhalten Sie regelmäßig aktuelle Informationen über die Arbeit der Alzheimer Gesellschaft und Fachinformationen zu unterschiedlichen Aspekten von Demenzerkrankungen. Sie können sich aktiv bzw. mit Ihrem Stimmrecht an der Arbeit der Alzheimer Gesellschaft Region Harz beteiligen.

      Der Jahresbeitrag für ordentliche Mitglieder beträgt derzeit 40 Euro. Sollten Sie jetzt schon keine weiteren Fragen mehr haben, können Sie hier ein Antragsformular (pdf-file, 100 kB) herunterladen. 

    • Fördermitglied

      Fördermitglied

      Die Fördermitgliedschaft richtet sich an Personen, die die Ziele und Arbeit der Alzheimer Gesellschaft Region Harz fördern wollen, aber sich nicht aktiv an der Umsetzung einzelner Aufgaben beteiligen können und die Alzheimer Gesellschaft mit einem höheren Jahresbeitrag als 40 Euro unterstützen wollen.

      Der Jahresbeitrag für Fördermitglieder beträgt derzeit 40 Euro.

    • Unser Spendenkonto

      Für Spenden zur Förderung der Ziele und der Arbeit des Vereins Alzheimer Gesellschaft Region Harz e.V. steht Ihnen diese Bankverbindung zur Verfügung.

      Spendenkonto:

      Volksbank Braunlage eG
      Konto: 60 330 320
      Bankleitzahl: 278 933 59

    Veröffentlichungen über unsere Arbeit

    Weitere Links

    Wir haben für Sie hilfreiche Links zusammengestellt. Wenn Sie auf der Suche nach weiteren Informationen sind, können Sie diese Seiten aufrufen.

    Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V.
    https://www.deutsche-alzheimer.de

    Initiative Demenzpartner
    https://www.demenz-partner.de/die-initiative

    Deutsche Expertengruppe Dementenbetreuung
    https://www.demenz-ded.de

    Seniorenheime Lamm KG
    https://www.seniorenheime-lamm.de

    Adresse

    Alzheimer Gesellschaft Region Harz e.V.

        Geschäftsstelle Wieda
        Harzstraße 47
        37445 Walkenried/OTWieda
        +49 5586 / 80 40 (wochentags) von 9 - 15 Uhr